Ist dies schon Wahnsinn, hat es doch Methode?

(6. Oktober 2018) So, liebe "Laien" das ist kein Blog-Beitrag für Euch, hier gibt's mal nix Philosophisches und schon gar nix Lustiges über Zauberei: Insbesondere nichts Lustiges, denn ein Zauberkongress ist eine todernste Sache. Da erklären ein paar Wahnsinnige vielen anderen Wahnsinnigen, wie man wahnsinnige Sachen macht, die wie Zauberei aussehen. Die vielen Wahnsinnigen gehen dann zu einigen anderen Wahnsinnigen, die wahnsinnige Sachen zum Kauf anbieten, die der Vortäuschung echter Zauberei dienen, damit man normalen Menschen wahnsinnige Sachen zeigen kann. Diese Sachen kosten wahnsinnig viel Geld. Viele Wahnsinnige haben vorher wahnsinnig viel Zeit und Herzblut investiert, damit das alles stattfinden kann.  So, wär' das schon mal geklärt ...
Der Zauberkongress "Magie Exquisit" fand gestern zum 10 Mal in Folge statt und ich habe die Veranstaltung mindestens so sehr genossen, wie in den Jahren zuvor (siehe zum hier und hier)
Das liegt zum Beispiel am Seminar von Michelle Spillner das mir sehr gut gefallen hat, obwohl ich es so ähnlich schon während eines Zirkelabends gehört hatte. Es geht Michelle um den Status, darum wie wir Menschen das Hierarchie-Verhältnis bestimmen, in dem wir zu anderen Menschen stehen und wie Kommunikation vor diesem Hintergrund funktioniert - oder scheitert. Sie zeigt etliche Beispiele, in denen Zauberkünstler den Status nutzen, um ihre Bühnenfigur zu gestalten, Komik zu erzeugen oder Effekte zu verstärken. Ich frage mich zwar, was die wissenschaftlichen Grundlagen der Theorie sind und irgendwo ganz weit hinten in meinem Kopf erhebt ein naturwissenschaftlicher Nörgler warnend den Finger und sagt: "Eine Theorie, die alles erklären kann, kann nichts erklären.", aber einen weiteren Blick scheint mir das Konzept wert zu sein.
Der Vortrag von Joe Barry verdient für mich die Note "What the fuck?". Zu behaupten, Joe Barry führe Kartentricks vor, ist etwa so, wie zu sagen, Usain Bolt läuft. Das ist zwar im Prinzip richtig, aber gleichzeitig grob irreführend. Joe Barry  hat keine eigenen Webseite - soweit ich feststellen konnte - aber auf Youtube kann man sich einen Eindruck davon verschaffen, was er so mit ein paar Karten anstellt (zum Beispiel hier). Das ist wirklich out of this world!
Eine Sensation jagt die nächste: Die Herren Morgan und West, wie Joe Barry aus dem Vereinigten Königreich, zeigen eine geniale Show und einen sehr aufschlussreichen Vortrag. Mal abgesehen davon, dass ich sowieso (fast) jede Spielart des britischen Humors mag, hat mich beeindruckt, wie viel Gehirnschmalz in ihre Zauberei einfließt, wie genau ihre Nummern choreographiert, wie genau sie geskripted sind und wieviel Mühe sie sich geben, ihren Nummern eine Bedeutung beizulegen, die über "Hier habe ich einen Ball - der Ball verschwindet - der Ball taucht wieder auf - der Ball ändert seine Farbe - ..." hinausgeht. Bei alledem ist die handwerkliche Qualität dessen, was sie machen 1A. Womit die Frage geklärt wäre, was man tun muss, um als Zauberer Erfolg zu haben: Künstlerisch unglaublich kreativ, handwerklich unglaublich solide sein. Piece of cake! Auf der Bühne stellen die beiden übrigens zwei victorianische Gentlemen dar, privat kommen sie daher, als hätten sie grade noch im Skaterpark mit den Jungs from the hood abgehangen.
Und zum guten Abschluß gibt es am Abend eine Vorstellung der Magic Monday Show aus Frankfurt (hier auch auf Facebook und Youtube). Lassen Sie mich die Überschrift wiederholen: Ist dies schon Wahnsinn, hat es doch Methode? Seit 18 Jahren - sic! - treten da vier Wahnsinnige (drei Zauberer und ein Schauspieler) einmal im Monat  an zwei Tagen im Theater "Die Schmiere" in Frankfurt auf und entfachen ein humoristisches und magisches Inferno auf der Bühne das seinesgleichen sucht! So, und was jetzt kommt, ist kein elegantes product placement, sondern plumpe Werbung: Karten gibt es ab €15,30. Wer da nicht hingeht, ist doof!